Am 13.11.2025 fand auf Einladung des Jugendamtes die Fachveranstaltung: „Psychosexuelle Entwicklung im Kindesalter – zwischen kindlicher Neugierde und Grenzüberschreitung“ in der Aula der Alfred-Delp-Realschule statt. Insgesamt hatten sich knapp 100 Eltern und Fachkräfte eingefunden, um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Die Steuerungsgruppe: Niederkassel gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen hatte die Veranstaltung gemeinsam mit der Fachstelle Spezialisierte Beratung bei sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend konzipiert und zum Austausch eingeladen.
Der Referent Thomas Pieger, Diplompädagoge und systemischer Familientherapeut, sowie Paar- und Sexualtherapeut und Kriminaltherapeut für Sexualdelinquenz führte zunächst in das Thema ein: Er stellte sehr anschaulich die psychosexuelle Entwicklung von jungen Menschen vor. Hierbei wurde besonders deutlich, wie wichtig es ist, zu dem Kind von Anbeginn eine vertrauensvolle und stabile Bindung aufzubauen. Dies ist die Grundlage für eine gesunde Entwicklung und ein starkes Selbstbewusstsein.
Ebenso wichtig ist eine frühzeitige altersgerechte Aufklärung. Auch hier gibt es keine Alterseinschränkung. Nur Kinder, die eine Sprache für ihren Körper haben – auch für die Geschlechtsorgane – sowie über Körperabläufe und Regeln im zwischenmenschlichen Umgang Bescheid wissen, können auch Probleme benennen oder Grenzen erkennen und diese schützen. Es wurde explizit aufgezeigt, dass kindliche Sexualität nicht vergleichbar ist mit Erwachsenensexualität. Kinder entdecken ihren Körper voller Neugier und eher spielerisch und spontan, in erster Linie mit dem Wunsch nach Nähe und Geborgenheit. Erwachsene hingegen sind eher auf genitale Sexualität fokussiert sowie auf Erregung und Befriedigung ausgerichtet. Darüber hinaus zeigte der Referent den Sinn und Zweck sowie die Regeln und Grenzen kindlicher Körpererkundungsspiele auf. Das verdeutlichte die Sinnhaftigkeit sowie die Notwendigkeit frühkindlicher sexueller Bildung.
Liebevoll begleiten – altersgerecht aufklären – Grenzen aufzeigen
Nach dem ersten Teil des Vortrags wurden bereits viele Fragen gestellt. Sowohl Eltern als auch Fachkräfte stellten eigene Fallbeispiele und Problemsituationen dar. Hierzu bekamen sie individuelle und fachlich fundierte Antworten. In einer sich daran anschließenden Pause hatten alle Anwesenden die Möglichkeit weitere Fragen zu stellen, sich an zusätzlichen Infoständen zu informieren und mit den verschiedenen Fachbereichen in den Austausch zu gehen. Vielfältige Ansprechpartner*innen aus dem Jugendamt, wie Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD), Frühe Hilfen, Familien-, Paar- und Lebensberatungsstelle, städtische Kindertagespflege und Kindertagesstätten, Jugendförderung sowie die Fachstelle Spezialisierte Beratung bei sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend waren vertreten. Darüber hinaus waren weitere Akteure aus der freien Kinder- und Jugendhilfe mit Infoständen dabei und standen ebenso für Fragen oder Anregungen zur Verfügung. Dies waren CJG Sankt Ansgar, Betreute Schulen (OGS) und die Kirchengemeinden.
Was ist sexualisierte Gewalt?
Und wenn etwas passiert ist, wie gehe ich dann damit um? Wo bekomme ich Unterstützung?
Im zweiten Teil des Fachvortrags stellte der Referent Thomas Pieger übergriffiges und sexualisiertes Verhalten von Kindern vor und zeigte auf, wie Eltern und Fachkräfte im besten Fall darauf reagieren und damit umgehen können. Wie kann es Eltern, Bezugspersonen und Fachkräften gelingen, Kinder möglichst vor sexualisierter Gewalt zu schützen, ohne sie einzuschränken und Angst zu verbreiten? Kinder aufzuklären ist wichtig. Noch wichtiger ist es, dass wir Erwachsene uns Wissen über sexualisierte Gewalt an Kindern aneignen und Verantwortung für den Schutz von Kindern übernehmen. Hierzu wurden viele Fachinformationen gegeben und der Unterschied zwischen sexueller Grenzverletzung, sexuellem Übergriff sowie sexualisierter Gewalt wurde anhand von Fallbeispielen vorgestellt. Zahlreiche Handlungsempfehlungen wurden den Eltern und Fachkräften aufgezeigt sowie klassische Fehler im Umgang mit der Vermutung sexuellen Missbrauchs benannt. Herr Pieger zeigte etwaige Symptome auf, die auf einen sexuellen Übergriff oder Missbrauch bei Kindern hindeuten können. Gleichzeitig stellte er gängige Täterstrategien vor und benannte mögliche Risikofaktoren, die Kinder zusätzlich schwächen und somit zum Ziel sexualisierter Gewalt werden lassen.
Dies wirft die Frage auf: Wohin kann ich mich konkret wenden, wenn ich den Verdacht auf sexuellen Missbrauch habe oder es bereits zu einem Übergriff gekommen ist? Wo gäbe es fachkompetente Hilfe?
Spezialisierte Beratung bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche für Betroffene, deren Bezugspersonen sowie für Fachkräfte
Frau Anja Barsch
a.barsch@niedrkassel.de
Koordination Kinderschutz und Fachberatung bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung für Fachkräfte in Niederkassel nach §8b SGB VIII
Frau Ileana Finocchiaro
i.finocchiaro@niederkassel.de
Auch zukünftig sind weitere Fachveranstaltungen zum Thema „Kinderschutz“ und „sexualisierte Gewalt“ angedacht und werden frühzeitig angekündigt.