Am 27.09.2023 fand auf Einladung des Jugendamtes die Fachveranstaltung: „Digitale Medien und sexualisierte Gewalt“ in der Aula der Alfred-Delp-Realschule statt. Insgesamt hatten sich ca. 200 Eltern, Fachkräfte und einige Kinder und Jugendliche eingefunden, um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Zwei versierte Referentinnen gaben zunächst fachlichen Input zu Fragen die die Teilnehmenden gleichermaßen bewegen: Welche Gefahren bestehen für Kinder und Jugendliche im Netz mit sexualisierter Gewalt konfrontiert zu werden? Wie können Erwachsene Kinder und Jugendliche davor schützen? Wie können Kinder und Jugendliche selbst kompetent werden, um sich möglichen Gefahren zu entziehen?
Die Steuerungsgruppe: Niederkassel gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen hatte die Veranstaltung gemeinsam mit den beiden Fachstellen „Kinderschutz“ und „sexualisierte Gewalt“ konzipiert und zum Austausch eingeladen.
Silke Knabenschuh, Medienpädagogin und Referentin für Prävention sexualisierter Gewalt und Medienschutz führte in das Thema ein: Sie stellte sehr anschaulich die digitalen Lebenswelten von jungen Menschen vor. Dabei wurde klar, dass Kinder und Jugendliche nicht zwischen analoger und digitaler Realität trennen, sondern beide Lebensbereiche für sie fließend ineinander übergehen. Eine weitere wichtige Botschaft der Fachreferentin war, dass Erwachsene nicht nur den Fokus auf die Gefahren in der digitalen Welt richten sollten, sondern vor allem die Chancen des Mediums und die Bedürfnisse von Jugendlichen erkennen müssen. Kontaktpflege, Selbstausdruck und das Erleben von Zugehörigkeit in der Peergroup sind ohne digitale Medien im 21. Jahrhundert kaum mehr denkbar. Die Angst, als Außenseiter dazustehen, ist besonders groß. Im besten Fall rücken die positiven Aspekte der Mediennutzung in den Vordergrund und gleichzeitig besteht die Kompetenz, mit den möglichen Risiken im Netz kompetent umzugehen. Hierzu braucht es Wissen: Cyber-Mobbing, Cyber-Grooming, Sexting – Was ist das und wie schütze ich mich? Was sind typische Täterstrategien im Netz? Fragen dieser Art waren daher Thema im 2. Teil des Vortrags von Silke Knabenschuh.
Zuhören – offen sein – kein Handyverbot!
Für Erwachsene ist es demnach wichtig zu erkennen, dass Kinder und Jugendliche, die von sexualisierter Gewalt und Übergriffen betroffen sind, zumeist Scham- und Schuldgefühle haben. Sie fragen sich: „Bin ich nicht selbst schuld, dass ich in eine solche Situation geraten bin?“ Oder sie stehen unter Geheimhaltungsdruck, der von den Tätern ausgeübt wird: „Wenn Du etwas weitererzählst, wird Deiner Familie etwas passieren“ oder „dann werde ich Dein Nacktfoto auf Instagram posten“ usw. Außerdem haben Kinder und Jugendliche Angst, dass Ihnen vielleicht das Handy von den Eltern abgenommen wird, wenn sie berichten, welche Erlebnisse sie im Netz hatten. All dies führt dazu, dass sich Kinder und Jugendliche nicht gegenüber Erwachsen offenbaren und dann mit ihren Sorgen und Ängsten alleine sind. Täter haben so ein leichtes Spiel.
An diesen Befund schloss sich die Frage an, was man konkret machen könne, wenn es zu einem Übergriff gekommen ist? Wo gäbe es dann fachkompetente Beratung?
Spezialisierte Beratung bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche für Betroffene, deren Bezugspersonen sowie für Fachkräfte
Frau Anja Barsch
a.barsch@niedrkassel.de
Fachstelle Kinderschutz- Anonyme Fallberatung bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung nach §8b SGB VIII
Frau Ileana Finocchiaro
i.finocchiaro@niederkassel.de
Und was macht die Polizei?
Diese Frage wurde von der Fachreferentin Kriminalhauptkommissarin Kathrin Schulze aufgegriffen. Sie gab einen Einblick in die rechtliche Situation und verdeutlichte, wie schnell Kinder und Jugendliche selbst Grenzen überschreiten. Kinder unter 14 Jahren sind noch nicht strafmündig. Allerdings erleben wir auch in Niederkassel sexuelle Übergriffe unter Kindern, die das Maß „normaler Doktorspiele“ überschreiten. Auch hier gilt es, alle Beteiligten zu informieren und zu schützen sowie angemessen zu reagieren. Erwachsene sind Vorbilder für die jungen Menschen im Umgang mit digitalen Medien, beispielsweise im Umgang mit dem Recht am eigenen Bild. Was wird von wem und wo gepostet? Hat derjenige oder diejenige dem zugestimmt? Es gilt als Elternteil und als Fachkraft also auch das eigene Verhalten kritisch zu reflektieren.
Die Referentin informierte über polizeiliche Interventionen bei der Ermittlung und Verfolgung sexueller Übergriffe und strafbarer Handlungen. Ihre klare Botschaft: „Wenn Sie der Polizei möglichweise strafbare Handlungen melden, wird auch ermittelt. Sofern Sie Sachverhalte erst mal beraten und besprechen möchten, sollten Sie sich an spezialisierte Beratungsstellen wenden.“
Die Fachveranstaltung war vollgepackt mit Informationen und Diskussionsstoff. Das Thema konnte in den drei Stunden sicher noch nicht erschöpfend behandelt werden.
Weitere Fachveranstaltungen zum Thema „Kinderschutz“ und „sexualisierte Gewalt“ sind daher angedacht und werden frühzeitig angekündigt.
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